Energiekonzern Vattenfall
Diese Seite befasst sich mit dem Energiekonzern Vattenfall – seiner Struktur, der Firmenpolitik der letzten Jahre, sowie aktuellen Entwicklungen. Wir vertiefen die für uns wesentlichen kritischen Aspekte und hier im Besonderen die in Deutschland und in Hamburg.
Vattenfall ist europaweit tätig und besitzt als Mutterkonzern hundertprozentige Tochterunternehmen in Deutschland (Vattenfall Europe), Finnland, Niederlande und Polen, sowie eine Beteiligung von 35,3 % am dänischen Energieunternehmen Elsam. Der Vattenfall -Konzern ist der viertgrößte Stromerzeuger und größte Wärmeerzeuger in Europa.
Aber auch beim Geschäft mit Netzeentgelten, sowie stark zunehmend auch beim Handel an der Strombörse ist Vattenfall einer der großen europäischen “Player”.
Schweden, Deutschland und die Niederlande sind Vattenfalls Kernmärkte. Auf einer kleinen Unterseite findet sich ein kurzer Überblick über Vattenfall in Schweden.
Aber auch in Polen und Dänemark ist der Konzern größter Wärmeproduzent. In Großbritannien, sowie in Dänemark investiert Vattenfall erheblich in neue Offshore- Windparks. Hier die genauen Zahlen (Quelle Vattenfall).
Vattenfall gehört zu 100% dem schwedischen Staat und verbuchte 2011 einen Gewinn nach Steuern von 1,2 Milliarden €. Dabei hatte Vattenfall 2011 einen “Gewinneinbruch” von über 20% zu verkraften, der durch die Stilllegung von Vattenfalls AKWs in Krümmel und Brunsbüttel entstanden ist.
Vattenfall in Deutschland
Die Geschichte, wie Vattenfall nach Deutschland kam und sich etliche vorher kommunale Energieversorger einverleibte trägt teilweise skurrile Züge. Vieles ist bis heute untransparent geblieben und nur schwerlich begreifbar.
Auf einer kleinen weiteren Unterseite sind die wesentlichen Meilensteine grob beschrieben – klicki hier
Im Ergebnis hat sich Vattenfall jedenfalls eines der Fürstentümer in Energiedeutschland ergaunert.
Dort bekommt der Konzern als sog. “Grundversorger” automatisch alle Neuanschlüsse “zugewiesen”.
Vattenfall verfügt außerdem in “seinem” Fürstentum über die wesentlichen Kraftwerkskapazitäten und betreibt in Hamburg und Berlin zusätzlich die lukrativen Strom- und Fernwärmenetze – was ebenfalls zur Festigung seiner Monopolstellung dort wesentlich beiträgt.
Hinzu kommt die Braunkohle – Bergbausparte in der Lausitz, für die ganze Landstriche geschreddert werden. Die Kohle verfeuert Vattenfall direkt in den dortigen Kraftwerken. Damit hat Vattenfall 2011 über 80% seiner Stromproduktion in Deutschland realisiert.
Braunkohle ist der klimaschädlichste Brennstoff überhaupt. In der Konsequenz – das belegen alle hierzu geführten Untersuchungen – ist Vattenfall der klimafeindlichste Energieerzeuger in Deutschland. Dazu mehr in der Unterseite “Vattenfall in der Lausitz”.
In der deutschen Öffentlichkeit am meisten wahrgenommen wurde Vattenfall als skrupelloser Atomkonzern. Die AKWs Krümmel und Brunsbüttel sind nach unzähligen Skandalen und handfesten Störfällen im Zuge des “Atomausstiegs”, vor allem aber nach massenhaften Protesten abgeschaltet worden.
Das AKW Brokdorf ist – trotz Pannenserie auch dort – immer noch am Netz (hier hat Vattenfall einen 20% Anteil).
Auf einer weiteren Unterseite wird das Thema “Atomkonzern Vattenfall” vertieft.
Wegen den Umweltauflagen bei Moorburg (2009) aber auch wegen dem “Verlust durch den Atomausstieg” (2011) reichte Vattenfall Milliardenschwere Klagen vor dem internationale “Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten” ein. Nie zuvor hatte ein Staatskonzern aus einem westlichen Industrieland ein befreundetes westliches Land dort verklagt.
Mehr dazu unter Vattenfall verklagt Deutschland
Dieser Vorgang ist auch ein Ausdruck davon, dass Vattenfalls “normale” Instrumentarien nicht mehr, bzw. nicht mehr im bisherigen Umfang greifen.
In den “guten alten Zeiten” war der damalige Vattenfall Chef Lars Josefsson noch offizieller “klimapolitischer Berater” von Kanzlerin Merkel.
Entscheidungen, wie die Förderung neuer Kohlekraftwerke in Deutschland konnten von Vattenfall damals noch ganz direkt auf höchster Ebene mitbestimmt werden.
Vattenfall selber tat dann alles erdenkliche dafür immer mehr als “bad guy” der Energiekonzerne in der deutschen Öffentlichkeit dazustehen.
Kaum ein Fettnäpfchen wurde ausgelassen. Im Zuge der Pannenserie im AKW – Krümmel gingen selbst die anderen 3 Energiemultis in Deutschland auf Distanz zu Vattenfall – um nicht in den “gleichen Topf geworfen zu werden”.
Der Konzern mußte und hat reagiert: Chef Josefsson wurde abgelöst und in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, Krümmel und Brunsbüttel wurden aufgegeben, der Leiter der Atomsparte, sowie die meisten bisherigen SprecherInnen wurden ausgetauscht.
Urbane Zankäpfel mit Protestpotential, wie das geplante Kohlekraftwerk Klingenberg in Berlin oder die Moorburgtrasse in Hamburg wurden aufgegeben. Die vorher desolat besetzte Chefposition in der Region Hamburg wurde mit einem smarten Geschäftsführer aus der Windenergiebranche neu besetzt…
…und selbst Moorburg hatte Vattenfall in dieser Zeit der Umorientierung angeblich versucht zu verkaufen – ohne Erfolg.
Die neue “Deutschlandstrategie” von Vattenfall basiert auf folgende wesentliche Eckpfeiler:
1) Der Braunkohletagebau / -verstromung in der Lausitz, als Säule der Stromproduktion wird weiter ausgebaut.
Die Widerstände dagegen sind bisher gering, das Wohlwollen der jeweiligen Landesregierungen gilt parteiunabhängig als sicher. Darüber soll die Festigung der Kernmärkte in Ostdeutschland und Berlin erfolgen.
2) Ausstieg aus der Kernkraft (nur in Deutschland), keine neuen Kohlekraftwerke in Norddeutschland oder Berlin.
“Nur” noch Moorburg wird zu Ende gebaut und ans Netz gebracht um wenigstens einen Teil der Investition wieder rein zu bekommen.
Und bei der 20% – Brokdorfscheibe wird sich öffentlich vornehm zurück gehalten…hier soll der 80% – Betreiber e-on besser mal die “Poolposition” in der öffentlichen Wahrnehmung haben.
3) Einklagen der durch den “Atomausstieg” entstandenen Gewinneinbußen beim Washingtoner Schiedsgericht.
Hier sollen vermutlich Vergünstigungen z.B. beim teuren Rückbau und der Endlagerung ausgedealt werden und nach Möglichkeit Vattenfalls bzw. Schwedens Haftung für Umweltschäden durch ihre Kraftwerke zumindest begrenzt werden.
4) “Moderne Integration” in das politisch-gesellschaftliche Umfeld der Großstädte Berlin und Hamburg. Hier sollen Skandale und Reibungen unbedingt vermieden und konsensorientiert die eigene Marktposition wieder gefestigt werden – insbesondere auch in Hinblick auf die 2013 anstehenden Volksentscheide über die Zukunft der Energienetze dort.
Wie Vattenfall das in Hamburg genau macht ist nachzulesen auf der Unterseite “Handelskammer, Gewerkschaften, Filz”. Eine weitere behandelt den anstehenden Volksentscheid zu den Energienetzen unter “Unser Hamburg – unser Netz”
5) Ausbau der Stromhandelssparte. Hierfür wurde kürzlich in Hamburg eine neue Zentrale in der City bezogen. Mehrere 100 MitarbeiterInnen handeln dort mit Strom an der Strombörse, sowie mit CO2-Zertifikaten…von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt.
Unterm Strich
verschiebt sich das Kerngeschäft in Deutschland nur noch weiter in Richtung klimaschädlicher Kohleverstromung. Waren es vor der “Energiewende” auch schon ca. 70% so sollen es 2014 dann wohl satte 95% sein (inkl. Moorburg) …und das Ganze “schön grün verpackt” werden.
Auf einen Ausbau von erneuerbaren Energien setzt Vattenfall zumindest in Deutschland bisher überhaupt nicht. Hier sind gerade mal lächerliche 13 Megawatt installiert (Braunkohle: 7.100). Diese Handvoll Windräder reichen gerade mal aus, um ein Titelbild für die eigenen Hochglanzbroschüren zu schießen. In diesen finden sich auch seitenlange Beschreibungen von “hoch innovativen, dezentralen virtuellen Kraftwerken”…doch das sind 2,3 Brötchen – die Bäckerei steht in der Lausitz.
Bizarrer Weise forderte die schwedische Wirtschaftsministerin neulich von “ihrem” 100%igen Staatsunternehmen Vattenfall eine „konsequente Abkehr von der Kohlekraft“ -auch in Deutschland und Polen. In Schweden selber betreibt Vattenfall schließlich kein einziges Kohlekraftwerk. In dem dann offiziell verabschiedeten Leitlinien auf der letzten Jahreshauptversammlung war davon allerdings keine Rede mehr
…stattdessen wurden unverbindliche Absichtserklärungen abgegeben mit eher “visionärem Charakter” – welche die handfesten o.g. Geschäftslinien nicht beeinflussen.