Klimakriege, Hunger und Flucht

Klimakriege, Hunger und Flucht

Die Menschen im vom Klimawandel hauptsächlich betroffenen globalen Süden können die Folgen des Klimawandels nicht technisch beherrschen oder sich ihnen einfach entziehen.

Das weiß auch das US – Verteidigungsministerium und schlug neulich Alarm, weil Geheimdienst -Studien zu dem Ergebnis kommen, dass der Klimawandel auch zu einem „gigantischen globalen Sicherheitsrisiko“ wird. Die Analysten zeigen auf, wie „der Klimawandel weltweit Stürme, Dürren, Massenmigration und Pandemien (Seuchen) auslösen wird“.

Vor allem die ärmsten Länder der Erde sind demzufolge am stärksten bedroht und zugleich „politisch und wirtschaftlich zu schwach, um die Veränderungen allein zu meistern“.

Und weiter: „Die vom Klimawandel ausgelösten Krisen können Regierungen stürzen, Terrororganisationen stärken und ganze Regionen destabilisieren.“

Hierbei geht es auch um Regionen, die zu den am dichtesten besiedelten der Erde zählen, wie das Ganges – Delta in Bangladesh

Dabei ist es schon heute so (Statistik zu 2010), dass durch vom Klimawandel hervorgerufenes Elend oder Naturkatastrophen deutlich mehr Menschen sterben mussten, als durch alle kriegerischen Auseinandersetzungen zusammen.

Millionen Menschen im Süden leben in zu meist ohnehin prekären Bedingungen. Soziale und klimabedingte Ursachen gehen dabei ineinander über.

2011 wurde Ostafrika von der schwersten Dürre seit 60 Jahren heimgesucht, die immer noch anhält. Über elf Millionen Menschen waren direkt betroffen und konnten nur durch Lebensmittelhilfen am Leben erhalten werden.

Der UN Flüchtlingskommissar sprach von der „schlimmsten humanitären Katastrophe der Welt“.

Im Jahr 2010 fielen über Nordpakistan die heftigsten Niederschläge seit Beginn der Messungen. An einem einzigen Tag kam mehr Regen vom Himmel als sonst in einem ganzen Monsunmonat. Vier Millionen Men­schen wurden obdachlos.

Die Folgen für die Menschen sind verheerend:

Inzwischen hungern weltweit über 1 Milliarde Menschen. Unvorstellbare 25.000 sterben täglich am Hunger (siehe Wikipedia)

Und: Schon heute sterben etwa 5 Millionen Menschen – pro Jahr – aufgrund der fossilen Energieerzeugung und der Folgen. Der Treibhauseffekt  alleine kostet gegenwärtig etwa 400.000 Menschen jährlich das Leben.
Zu diesen Zahlen kommt die  DARA in Zusammenarbeit mit dem Climate Vulnerable Forum. Die Organisation besteht aus Vertretern der Entwicklungsländer, es erforscht die Risiken des Klimawandels. Zur Studie in Englisch

Auch die Zahl der sog. “Umweltflüchtlinge” steigt rasant:

Laut einer Studie des Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) waren im Jahr 2008 weltweit 36 Millionen Menschen infolge von Naturkatastrophen auf der Flucht.
17 Millionen im Jahr 2009
und über 42 Millionen 2010.

Die Internationale Organisation für Migration (IOM) schätzt die Zahl der Klimaflüchtlinge für das Jahr 2050 auf 200 Millionen Menschen.

Andere Organisationen gehen sogar von noch höheren Flüchtlingszahlen aus.

Sicher scheint: Es wird in Zukunft vermehrt sog. Klimakriege geben um die Macht über die – auch durch den Klimawandel bedingt – immer knapper werdenden Ressourcen.

In der Weltöffentlichkeit werden aber zumeist eher die vordergründigen Konfliktsegmente wahrgenommen, wie beispielsweise der von Nationalstaaten oder Bevölkerungsgruppen.

Vor ein par Jahren füllte der Krieg in Dafur Zeitungen und Nachrichtensendungen.

Er wurde als diffuse Konfliktlage vermittelt, mit ethnischen Differenzen als Motiv. Aber was passiert dort wirklich?
Die Wüstenbildung schreitet rasant voran – in einer Region, in der 70 Prozent der Menschen direkt von dem abhängen, was der Boden hergibt.

Als aufgrund der Klimaveränderungen nutzbares Land knapper wurde, kam es unweigerlich zu großen Problemen zwischen den dort lebenden Menschen:
Das Verhältnis zwischen Viehzüchtern, die als „Araber“ bezeichnet werden, und „afrikanischen“ Bauern spitzte sich zu.

Diese Notlage der Menschen wurde dann genutzt um unterschiedlichste Interessen durchzusetzten,  staatliche Armeen, Reitermilizen, Befreiungsarmeen und Söldner mischten sich ein. Siehe auch hier.

Nicht zuletzt trugen Begehrlichkeiten nach Rohstoffen und die Interessen internationaler Waffenhändler zur Eskalation der Lage bei.  Das UN-Umweltprogramm (UNEP) bezeichnet den Konflikt in Darfur als „ersten Klimakrieg“.

Für die heutigen Kriege gilt im zunehmenden Maße: Die eigentlichen Konfliktursachen liegen bei handfesten Interessensgegensätzen und sehr oft geht es dabei um die Ressource “Wasserzugang” oder um die Ressource “fruchtbarer Boden”.

Und Beides verknappt sich seit Jahren weltweit in einem atemberaubenden Tempo.

Neueste Zahlen belegen, dass 2012 durch den trockensten Sommer in den USA seit 70 Jahren, sowie durch ebenfalls extreme Hitze in anderen wichtigen Anbaugebieten der Maispreis um 70% und der für Weizen um 50% gestiegen sind

- und zwar weltweit.

Diese Verteuerung von Grundnahrungsmitteln ist in vielen Ländern des Südens nicht kompensierbar. Der Kampf um den verbleibenden Rest wird dabei existentiell und entsprechend oft dann gewaltsam ausgetragen.

Das fängt an bei Gewalt innerhalb von Dorfgemeinschaften und führt bis hin zu Kriegen, die ganze Regionen erschüttern.

Die, die können machen sich auf den Weg und flüchten dorthin, wo sie für sich bessere Chancen zum überleben erwarten.

Aktuell kommt immer häufiger der Begriff „Landgrabbing“ in die Schlagzeilen.

Dahinter verbirgt sich der Aufkauf von fruchtbarem Land durch ausländische Investoren, unter anderem aus Kanada, Südafrika, China, Libyen, den USA und den Ländern der Europäischen Union. Gebraucht wird Land für Energiepflanzen und für Exportlebensmittel.

Im Office du Niger – ein äußerst fruchtbares, vom Nigerwasser gespeistes Binnendelta mit rund 700.000 BewohnerInnen – hat die malische Regierung seit 2003 mindestens 540.000 Hektar Boden verkauft.

Über weitere 379.000 Hektar wurden Vorverträge abgeschlossen (Stand: Mai 2011), wobei maliweit 2,5 Millionen Hektar zum Verkauf stehen sollen.

Auslösend dabei sind Druck der Weltbank und anderer internationaler Finanzinstitutionen

Der Zusammenhang mit den kriegerischen Auseinandersetzngen in Nordmali liegt auf der Hand:

In Mali ist es zu Vertreibungen ganzer Dörfer bzw. zum Durchzugsverbot für mobile Viehhirten gekommen – und somit zur Zuspitzung der Ernährungslage, zur Zerstörung lokaler (Subsistenz-)Strukturen und zu erzwungener Migration.

Überblick zu Landgrabbing

Immer mehr Menschen müssen ihre Freunde und Verwandte in Städten und Dörfern zurücklassen, mit der Hoffnung im fernen Europa ein Auskommen zu finden. Um dann z.B. elendig im Mittelmeer zu ersaufen.

Seit 1988 sind laut Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der UN über eine halbe Millionen Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa ertrunken. Die, die das versuchen sind die jungen und starken Menschen.
Noch viel direkter und unmittelbarer getroffen werden die Alten, die Kinder, die Schwachen.

Dabei ist Ausmaß und Dynamik dieser Entwicklung für die Zukunft noch überhaupt nicht fassbar.
Europa und den USA  fällt dazu bisher nur ein, den eigenen Festungsriegel gegen Flüchtlinge immer noch höher und dichter zu bauen.

…Und zumindest die USA bereiten sich zusätzlich auf aus ihrer Sicht “zukünftig unvermeidbare Klimakriege” vor.

weiterführende Informationen in einer Ausstellung vom Münchner Flüchtilingsrat, Amnesty International und dem BUND Bayern – siehe hier

 

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